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“Wenn Humanismus als Kunst deklariert werden muss, um gesellschaftlich akzeptabel zu sein,
dann sind wir als Gesellschaft am Ende.” (ZPS)
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Die Toten kommen
Hinter dem Slogan, der bei flüchtiger Betrachtung erscheint, wie die geschickt kommunizierte PR Aktion eines neuen Hollywood Streifens, verbirgt sich das aktuelle Projekt der Künstlergruppe Zentrum Für Politische Schönheit (ZPS).
Das Kollektiv hinter dem verstörenden Namen versteht sich selbst als eine Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Schönheit, politischer Poesie und menschlicher Großgesinntheit zum Schutz der Menschheit und hält in jüngster Zeit die versammelte Medienlandschaft unter dem Hashtag #DieTotenKommen auf Trab.
Finanziert über eine Crowdfunding Kapagne hatte das ZPS bereits Anfang des Monats medienwirksam angekündigt, zehn unbekannter Flüchtlinge aus ihren menschenunwürdigen Grabstätten auf Sizilien zu exhumieren und die sterblichen Überreste anschließend auf dem Landweg zu ihren “bürokratischen Mördern” direkt in das Berliner Regierungsviertel zu überführen.
Im Rahmen einer erste Aktion auf Deutschem Boden wurden Anfang vergangener Woche nun die vermeintlich sterblichen Überreste einer Mutter und ihres zweijährigen Kindes auf dem Friedhof in Berlin-Gatow in einer üppig inszenierten muslimischen Beerdigung beigesetzt.
Die im Vorfeld als Demonstrationszug mit Bagger und Särgen angekündigt Folgeaktion sollte in einer Beerdigung der sterblich Überreste der übrigen Flüchtlinge im Garten des Kanzleramts enden, scheiterte aber -wer hat’s geahnt?- an bürokratischen Hürden.
Die von offizieller Seite genehmigte Demo sah schließlich vor, -ohne Särgen & Bagger- in einer Abschlusskundgebung vor dem Kanzleramt zu enden und wurde vom ZPS wie folgt kommuniziert:
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Bitte bringt zum Marsch keine Holzkreuze, keine Särge, keine „sargähnlichen Behältnisse“, keine Bagger, keine Schaufeln, keine Grablichter, keinen Schnellzement oder Presslufthammer mit, sondern allerhöchstens Blumen, die sich auf der Marschroute zum Bundeskanzleramt nicht im Schutze der breiten Masse festbetonieren lassen.
Ganz ohne Ironie bitten wir Euch um Folgendes: Geht NICHT massenhaft mit Särgen vors Kanzleramt! Organisiert Euch auf KEINEN Fall selbst, seid NICHT ungehorsam, seid NICHT kreativ, tragt auf KEINEN Fall selbst irgendeine Verantwortung, verselbständigt NICHT die Aktionen. Und errichtet NIEMALS in der Nacht zum Sonntag in ganz Europa Gräber in der Öffentlichkeit und ERST RECHT NICHT während des Marsches. Auch NICHT auf der Wiese des Bundestags oder sonstwo.
Fügt Euch und arrangiert Euch mit diesem von den staatlichen Organen künstlerisch umgestalteten „Marsch der Unentschlossenen“
Die Toten kommen!
Weitgehend frei von der sonst üblichen Symbolik (Flaggen, Transparente & der vom ZPS im Vorfeld ausgeladene Wahrheitsbewegung um Ken Jebsen) zog “das Volk” schließlich Sonntag Mittag zu Tausenden in einem opulenten “Marsch der Entschlossenen” vom Startpunkt unter den Linden durch das Berliner Regierungsviertel zum Kanzleramt.
Kurz nachdem die Demonstration dort für beendet erklärt wurde, fielen plötzlich die Bauzäune rings um die Reichstagswiese und die Massen ergossen sich in geschichtsträchtigem Pathos gen Reichstag:
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Einige Individuen -die augenscheinlich das unmissverständliche! Kommunique des ZPS “überlesene” hatten- zogen, überrascht von der neu gewonnen strategisch vorteilhaften Position beherzt ihr Gartengerät und begannen mit der Umgestaltung der Reichstagswiese zu einem symbolischen Friedhof für die Opfer der Festung Europa.
Wie auch die meisten Teilnehmer, war die Berliner Polizei der relativ unüberschaubaren Gesamtsituation in keinster Weise gewappnet und glänzte abwechselnd mit Abwesenheit, blindem Aktionismus und Kopflosigkeit.
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Nach der Errichtung einer beachtlichen Zahl mehr oder weniger improvisierter Gräber, gefolgt von zahlreichen Auseinandersetzungen mit den Beamten vor Ort, wurde der neu angelegte Friedhof vor dem Reichstag nach etwa zwei Stunden von der mittlerweile bedrohlich angewachsenen Bereitschaftspolizei rüde geräumt…
Als aufgeschlossener Geist könnte man in der als “Kunsthappening” kommunizierten Aktion eines der wenigen wichtigen Signale für Deutsche Solidarität mit den Menschen der Länder des Südens erkennen – die Mainstream Presse hingegen schoss sich überwiegend auf den “Sachschaden” an der Reichstagswiese ein und auch von Seiten unserer Volksvertretung stand die Aktion vielfach als unverhältnismäßig in der Kritik:
„Bei allem Verständnis für die Wut der Aktivisten angesichts der vielen tausend ertrunkenen Flüchtlinge im Mittelmeer, ein Spektakel mit Leichen zu inszenieren überschreitet eine moralische Grenze“
Aydan Özoguz – Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration (SPD)
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Und doch bleibt bei der sich bietenden Kritik angesichts solcher Aktionen, am Ende die Tatsache, dass die medial bereits eingeschlafene Berichterstattung zum dramatischen Anstieg der Flüchtlingstoten im Mittelmeer mit der Aktion des ZPS wieder neu an Fahrt aufgenommen hat – wollen wir doch mal hoffen, dass deren Boss am Ende Recht behält:.
„Wenn man das Wort ,Schönheit‘ gegen das Wort ,Politik‘ schlägt, erzeugt man den Funken für eine Revolution.“
(Philipp Ruch – Chefunterhändler des ZPS)
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Frederic Dietze – Gastbeitrag für NachDenkSeiten / Spiegelfechter: LINK
– Foto im Header © by Nick Jaussi
– Fotos im Text © by Frederic Dietze
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